Kunststoffteile prozesssicher und abzugsfest in lackierte Teile fügen
Torsionales US-Kunststoffschweißverfahren liefert feste
Ergebnisse Kunststoffteile abzugsfest und ohne Abmarkierungen mit fertig
lackierten Exterieurteilen sicher und dauerhaft zu verbinden, gilt in der Automobil-
und Zulieferindustrie als große Herausforderung. Ein neues torsionales
Ultraschallschweißverfahren, dessen Wirksamkeit durch universitäre
Forschungsergebnisse untermauert wurde, liefert überzeugende Ergebnisse.
Anwender können darüber hinaus Kosten und Gewicht sparen. Teile können deutlich
dünner gestaltet werden.
Autor: Claus Regenberg, Entwicklung, Telsonic GmbH,
Erlangen.
Das sichere und feste Verbinden zweier Kunststoffteile ist
zwar ein altbekannter Vorgang, der mit herkömmlichen Verfahren wie
beispielsweise dem longitudinalen Ultraschallschweiß- oder Klebeverfahren
zuverlässig durchgeführt werden kann. Ist jedoch ein Fügepartner lackiert oder
sind die Geometrien unterschiedlich, wird entweder der Prozess sehr aufwändig
oder die Ergebnisse lassen zu wünschen übrig. Hier kann das torsionale
Ultraschallschweißverfahren Soniqtwist, das von Telsonic entwickelt wurde, gute
Ergebnisse liefern. Fügepartner können mit hohen Abzugskräften schnell und
sicher verbunden werden, ohne dass an der lackierten Außenseite Abmarkierungen
auftreten. Der Prozess kann sicher beherrscht, überwacht und wiederholgenau
durchgeführt werden. Eine Automatisierung mit handelsüblichen
Handlingeinrichtungen ist ohne große Investitionen installierbar.
Für die Automobilindustrie ist das Fügen von
Kunststoffteilen aus Thermoplast schon immer ein wichtiges Thema. So werden
Kunststoffteile für Zusatzfunktionen wie beispielsweise Abstandssensoren,
Kabelclips oder Fixierpins in lackierte Stoßfänger, an Seitenschweller oder an
andere Exterieurteile angebracht. Beim Einbringen von Kunststoffhaltern für
Abstandssensoren in die Innenseite der lackierten Stoßfänger zum Beispiel
liefern herkömmliche Fügeverfahren nur mit großem Zusatzaufwand
zufriedenstellende Ergebnisse. Vor allem die mangelnde Festigkeit wird immer
wieder beanstandet. So berichten Hersteller von Sensoren, die sich nach kurzer
Zeit lösten und in den Stoßfänger fielen. Neben der Festigkeit ist besonders
wichtig, dass an den bereits fertig lackierten Exterieurteilen keine Abmarkierungen
sichtbar werden. Hier sind die Kriterien besonders streng und werden mit einem
speziellen Lichttest kompromisslos geprüft.
Hohe Energie in sehr kurzer Zeit einbringen
Bei Soniqtwist handelt es sich genau genommen um ein
hochfrequentes Reibschweißverfahren, bei dem die Sonotrode abwechselnd torsionale Bewegungen um deren
Längsachse in die eine und andere Richtung durchführt. Dabei wird mit einer
hohen Frequenz von 20 kHz und einer Amplitude bis zu 80 µm in sehr
kurzer Zeit – zwischen 0,1 und 0,4 Sekunden – große Energie in
die Grenzfläche der beiden Teile eingebracht. Durch diese Grenzflächenreibung
entsteht eine ausreichende Schmelzeschicht, um beide Teile sicher miteinander
zu verbinden und hohe Festigkeiten zu erzielen. Abzugsfestigkeiten von
500 Newton oder auch mehr können je nach Bauteil und Anforderungsprofil
sicher erreicht werden.
Der lackierte Stoßfänger wird dabei nicht verletzt wie es
beim longitudinalen Ultraschallschweißverfahren passieren kann. Denn da
arbeitet man entweder mit Sonotroden, die Energierichtungsgeber abschweißen,
oder mit einer so genannten „Igel“-Sonotrode mit kleinen Nadeln, die in den
Stoßfänger in bis zu 30 % der Materialstärke eindringen. Dabei entsteht
jedoch keine flächig durchgehende Verbindung. Die Festigkeit wird lediglich
durch den jeweiligen Schweißwulst gebildet, der sich um die einzeln
eingedrungenen Spitzen legt. Dieser Vorgang ist nur schwer kontrollierbar.
Soniqtwist kommt dagegen ohne Energierichtungsgeber und somit ohne Eindringen
der Sonotrode in den Stoßfänger aus. Dadurch ist die Gefahr von Abmarkierungen
schon prozessbedingt nicht zu erwarten.
Material kann deutlich dünner gestaltet werden
Weil die Eindringtiefe der Sonotrodenspitzen entfällt, kann
beim torsionalen Ultraschallschweißverfahren die Materialstärke des lackierten
Teils wesentlich geringer gestaltet werden. Bei einem Stoßfänger für ein
Serienfahrzeug kann die Wandstärke beispielsweise um bis zu 20 % geringer
ausfallen. Die Einsparungen an Material
und Gewicht können beträchtlich sein. Über die Laufzeit eines Volumenmodells
betrachtet, ergeben sich hierbei ganz erhebliche Kosteneinsparungen. Durch
weniger Gewicht lassen sich auch die CO2-Werte des Fahrzeugmodells verbessern.
Durch Gleichteile kein Logistikaufwand und keine Verwechslungsgefahr
Das torsionale Ultraschallschweißverfahren erfordert darüber
hinaus keine zusätzlichen Hilfsflächen. Weil Soniqtwist verfahrensbedingt hohe
Festigkeiten erreicht, können die Anwender auf angespritzte Funktionsflächen
(„Ohren“ oder „Flügel“) bei den Halterungen verzichten. Diese mussten beim
herkömmlichen Ultraschallschweißverfahren außerdem noch an die Geometrie des
Stoßfängers angepasst werden. Das bedeutete für Teile, die in den
Kurvenbereichen des Stoßfängers mit den großen Radien angebracht werden, andere
Funktionsflächen als an den Stellen in der Mitte. Zusätzlich mussten die
Halterungen noch nach linker und rechter Seite unterschieden werden. Ein
immenser logistischer Aufwand, der die Gefahr von Fehlern und Verwechslungen in
sich birgt. Mit Soniqtwist können meistens an allen Stellen die gleichen Teile
verwendet werden.
Im Vergleich zum Klebeverfahren ist der Aufwand ebenfalls
deutlich geringer, denn vor dem Befestigen der Kunststoffteile mit Klebepads
müssen die Oberflächen absolut fettfrei sein und mit Primer vorbereitet werden.
Um Lacknebelablagerungen an den Klebestellen zu verhindern, muss zudem vor dem
Lackieren abgeklebt werden. Temperaturschwankungen können das Klebeergebnis
beeinflussen. Der gesamte Prozess kann nicht exakt überwacht werden.
Automatisierung und Qualitätssicherung möglich
Die hier beschriebenen Vorteile des torsionalen Ultraschallschweißverfahrens
gegenüber anderen Ultraschallfügeverfahren wurden zuvor in der Technischen
Universität Chemnitz in ausführlichen Versuchen unter streng wissenschaftlichen
Bedingungen herausgefunden. In einem nächsten Schritt ist das Fügen
großflächiger Bauteile geplant. Ebenso wird untersucht werden, welche
Ergebnisse das torsionale Ultraschallschweißverfahren Soniqtwist beim Fügen
von GFK- und CFK-Teilen liefert.
Für den Praxiseinsatz in der Automobilindustrie sind darüber
hinaus die Versuche der OEMs sowie die Prozesssicherheit und Prozessüberwachung
entscheidend. Soniqtwist erfüllt bezüglich der Prozess- und Qualitätsüberwachung auch hier die hohen
Anforderungen. Die vom Ultraschallschweißen bekannte Prozessüberwachung kann in
vollem Umfang zum Einsatz kommen. Sämtliche Parameter wie Frequenz,
Schweißdauer oder Energieeintrag können eingestellt, über Fenster jederzeit
ausgegeben und überwacht werden.
Automatisierte Fertigungszelle mit Roboter
Weil das Verfahren Gleichteile zulässt und die Sonotroden
klein und leicht sind, ist eine Automatisierung mit Handlingunterstützung
einfach zu realisieren. Der Maschinenaufbau gestaltet sich sehr schlank. Es ist
keine Sondermaschine notwendig. Das Fügewerkzeug kann ideal auf einen
handelsüblichen Knickarm-Roboter montiert werden und lässt sich schnell und
flexibel an die Fügestelle, auch in schwer zugängliche Bereiche, lenken. So
lässt sich beispielsweise gemeinsam mit einem Roboterhersteller eine
vollautomatisierte Fertigungszelle installieren, die Aufnahmen für
Abstandssensoren prozesssicher und wiederholgenau in Stoßfänger schweißt.