Brot für die Welt
Ein sensationelles Verfahren für die vollständige
Separierung des Weizenkorns beim Mahlen hat die Schweizer Anutec GmbH
entwickelt. Dabei wird die Kleie quasi gar nicht mehr mitgemahlen sondern kann
direkt abgesiebt werden. Mit der neuen Mühlentechnologie aus Stiftmühle und
Sieb, die eigentlich altbekannt ist, werden bei der Mehlherstellung zahlreiche
herkömmliche Arbeitsschritte überflüssig.Denn es reicht ein einziger Mahl- und
Siebvorgang, wo sonst etliche Passagen nötig sind. Für die angeschlossene
Siebtechnik setzt Anutec auf die Ultraschalltechnologie Sonoscreen plus der
Telsonic AG. Alleine durch die Siebauswahl lässt sich damit die Mehlsorte
klassifizieren. Das energetisch und ökologisch höchst sinnvolle Verfahren,das
im kleinen wie im großen Maßstab funktioniert, könnte die Mehlherstellung
revolutionieren.
„Es wird eine Revolution geben“, ist sich Arthur Nussbaumer
sicher. „Diesmal nicht wegen erhöhter Brotpreise, sondern wegen unseres neuen
Mahlverfahrens für Weizenkorn. Denn damit lassen sich tatsächlich 90 Prozent an
Energie und Zeit einsparen“, so der Direktor der Anutec GmbH aus Düdingen
weiter. Was so ungeheuerlich klingt, haben die Schweizer Entwickler tatsächlich
bereits realisiert und in den Markt gebracht. Und das lässt sich sogar
bestaunen: Eine Universal-Stiftmühle für das Mahlen von Getreide, die der
Ingenieur konstruiert hat und über sein Unternehmen vertreibt. Dazu ein
Ultraschallsieb der Telsonic AG mit Sieben verschiedener Maschenweite und schon
bekommen die Anwender in einem einzigen Mahlvorgang Mehl in der gewünschten
Klassifizierung. Der Energieeinsatz liegt bei nur rund zehn Prozent des
herkömmlichen Verfahrens zur Mehlerzeugung. Und der Ertrag an sortenreinem Mehl
liegt dabei auch noch wesentlich höher. Anwender berichten um Steigerungsraten
von bis zu 40 Prozent.
Das Korn wird quasi ausgezogen
Das Revolutionärean dem Verfahren liegt in der Kombination
eines Befeuchtungsprozesses mit dem Mahlvorgang in einer Stiftmühle und einem
Siebvorgang, der zuverlässig und schnell reines Mehl hervorbringt. Durch ein
fein dosiertes Zugeben von Dampf wird das gereinigte Getreide in einer
Befeuchtungsschnecke zunächst angefeuchtet. „Alle legen bei der Ernte immer
Wert auf einen Feuchtigkeitsgehalt des Korns zwischen 13 und 14 Prozent.
Wir befeuchten das Korn extra“, erklärt Ernest Badertscher. Der ehemalige
Nestlé Mitarbeiter hat über 30 Jahre in der Lebensmittelherstellung geforscht
und kümmert sich jetzt um einfache, energieeffiziente Verfahren zur
Lebensmittelproduktion.Durch die fein dosierte und schnelle Befeuchtung wird die
Kleie weich, geschmeidigund gleichzeitig zäh.
Statt das Getreidekorn nun in einer Walzenmühle mit der
Kleie zu zermahlen wird es in der Stiftmühle, die sich mit sehr hoher
Geschwindigkeit dreht, gegen die Stifte geschlagen und zerplatzt quasi in zwei
Teile: Feinstes Mehl und die Kleie als eine geschmeidig weiche Flocke. Das
Weizenkorn ist in Gänze von der Kleie separiert. „Wir ziehen das Weizenkorn
quasi aus“, beschreibt Nussbaumer den Vorgang plastisch. Durch einen einzigen
Siebvorgang mit einem Ultraschallsieb von Telsonic erhält der Anwender reines
Mehl. Je nach Maschenweite des Siebes erhält man entsprechend graues oder
weißes Mehl. Der Ertrag liegt deutlich über dem einer Walzenmühle. Beim Typ 700
beispielsweise liegt der Ertrag bei 80 Prozent und darüber. Mit einer
Maschenweite des Siebes von 250 µm lässt sich direkt Mehl vom Typ 405 in
einem einzigen Vorgang heraussieben. „Die Ausbeute ist dabei auch noch um 10
bis 20 Prozent höher als beim aufwändigen herkömmlichen Verfahren“, beteuert
Nussbaumes.
Das Verfahren ist gar nicht neu – aber die Technologie
Eine Überraschung erlebten die Entwickler, als sie das
Verfahren patentieren lassen wollten. „Da erfuhren wir, dass dieses Verfahren
bereits vor über 100 Jahren patentiert, aber praktisch nie angewandt wurde“,
schildert Nussbaumer seine Verwunderung. Der Grund lag in der komplizierten
Mahl- und Siebtechnologie, die bis dato technisch nicht zuverlässig gelöst
werden konnte. Und in der Tat dreht sich die Stiftmühle von Anutec in einer
technisch bisher nicht realisierbaren Geschwindigkeitvon 10.000 U/min. Das
sei auch notwendig, um die gewünschten Effekte, nämlich das Zerplatzen des
Korns, zu erreichen. Dabei dürfen sich bei den hohen Drehzahlen die Stifte von
Rotor und Stator nicht berühren. Durch die Fliehkräfte verformen sich die
Stifte herkömmlicher Stiftmühlen bei diesen Drehzahlen, ein Crash war bisher
unvermeidlich.
Der findige Ingenieur Nussbaumer hat schließlich einen
Materialmix für die Stifte ausgewählt, der die Drehzahlen unbeschadet mitmacht
und so die hohe Geschwindigkeit seiner Universal-Stiftmühle UM 315
ermöglicht. Wie sich das Material genau zusammensetzt will der Schweizer
allerdings nicht verraten. Im Praxisbetrieb bei einem Kunden läuft eine solche
Mühle jedoch seit eineinhalb Jahren im Dauerbetrieb, wie Nussbaumer versichert.
„Damit wird im Dreischichtbetrieb an sieben Tagen in der Woche ohne Unterbruch
gemahlen.“
Das Sieb bleibt dauerhaft einsatzbereit
Der dritte wichtige Faktor neben Bedampfung und Mahlvorgang
ist das Sieben. Hier sorgt die Ultraschallsiebtechnologie der Schweizer
Telsonic AG für die gewünschten Ergebnisse. War beim herkömmlichen Sieben das
Sieb immer in kürzester Zeit „blind“ weil die Maschen verstopft waren, bleiben
diese bei Sonoscreen plus von Telsonic praktisch dauerhaft durchgängig. Seit
zwei Jahren erzielen die Schweizer mit dem neuen Verfahren regelmäßig große
Erfolge bei ihren Kunden. Dabei ist die Technologie natürlich nicht auf das
Sieben von Mehl beschränkt. In der Pharmaindustrie werden damit Medikamentenpulver
gesiebt, in der Farbindustrie Farbpulver oder im Metallbereich sogar schwer zu
siebende Metalle wie Wolframcarbid und Edelstahlpulver sowie Keramiken und
seltene Erden.
Mit Voreinstellungen für verschiedene Pulverarten lassen sich
mit Sonoscreen plus Produktivitätssteigerungen im zweistelligen Prozentbereich
erzielen. Verantwortlich dafür ist ein Generator, der immer die jeweils besten
Resonanzpunkte anregt. Dabei schont das System das Material, muss längst nicht
so oft gereinigt werden und arbeitet höchst energieeffizient.„Mit 16
produktspezifischen Vorwahlmöglichkeiten unseres Sonoscreen plus finden
Anwender beim Sieben immer diejenige Einstellung, die beste Siebergebnisse
hervorbringt“, betont Antonio Augello,Produktmanager bei Telsonic in
Bronschhofen.
Ultraschall an wechselnden Resonanzpunkten
Dabei arbeitet die relativ neue Siebtechnologie flexibel undmit
wechselnden Frequenzen. Bei Beginn des Siebvorgangs scannt das System die
Situation und wählt die besten Resonanzpunkte für die gezielte Anregung aus. Da
sich die Bedingungen während des Siebens in Abhängigkeit von Gewicht oder
Temperatur des Siebgutes ständig ändern, wechseln auch diese optimalen
Betriebspunkte. Sonoscreen plus erfasst die sich ständig ändernde
Schwingungssituation und passt den Siebvorgang automatisch jede Minute an.
Durch die so optimierte Gewebeanregung erhöht sich die Durchsatzleistung beim
Sieben immens. „Steigerungen von 30, 40 oder noch mehr Prozent sind keine
Seltenheit“, schildert Augello. Ein Anschmelzen des Siebgutes, verursacht durch
Erwärmung infolge zu hohen Energieeintrags, wird wirkungsvoll verhindert. Die
Betriebsintervalle des Siebs bis zur Reinigung verlängern sich erheblich.
Siebtechnologie vom Pionier des Ultraschallsiebens
Bedienen lässt sich Sonoscreen plus über eine Folientastatur
einfach und leicht verständlich. Das System speichert einmal eingestellte,
kundenspezifische Rezepturen, die sich auf Knopfdruck abrufen lassen.
Sonoscreen plus ist für Siebdurchmesser bis 2900 mm erhältlich. Beim Weizenkorn
kommen Siebe mit 1.200 mm zum Einsatz. Lieferbare HF-Kabellängen bis 50
Meter ermöglichen die zentrale Aufstellung des Generators. Für explosives
Siebgut oder für den Einsatz in explosionsgeschützten Zonen bieten die
Ultraschallpioniere sogar eine Versionmit Atex-Zertifizierungen an. Vorhandene
Telsonic-Siebsystemelassen sich preisgünstig auf den Sonoscreen plus Generator
aufrüsten.
Dezentral von jedem Landwirt einsetzbar – auch in der 3.
Welt
Durch die weiterentwickelte Technologie der Stiftmühle und
die innovative Siebtechnologie wird das uralte Patent, das Nussbaumer und
Badertscher neu aufgegriffen haben, nun endlich in einen zuverlässigen Prozess
umgesetzt. Dabei lässt sich der Vorgang sowohl in kleinem Rahmen realisieren,
der einige Kilo Mehl pro Stunde hervorbringt als auch in industriellem Maßstab,
der tonnenweise Mehl erzeugt. „Wichtig ist uns jedoch die Tatsache, dass jeder
Landwirt das Verfahren einsetzen und damit seine eigene Wertschöpfung und sein
Einkommen erhöhen kann“, betont Nussbaumer. Dass die Mühlenausrüster an dem
Verfahren nicht interessiert sind, hat er schon erfahren. „Die würden ja ihre
ganzen bisherigen Produkte in Frage stellen müssen.“ Und so könnte das an der
Basis einsetzbare Verfahren mit der bezahlbaren Technik zu einer Revolution von
unten führen. Nicht auszudenken, wenn die Bauern in Entwicklungsländern davon
Wind bekämen. Denn dann hätte das Projekt „Brot für die Welt“ wohl endlich
seine ureigendste Bestimmung erfüllt.
((Firmeninfo zur Telsonic AG))
Pionier und Technologieführer aus der Schweiz
Die Schweizer Telsonic AG ist Pionier in der
Ultraschalltechnologie. Das 1966 gegründete Unternehmen mit Tochterfirmen in
Deutschland, England, Südosteuropa, China und den USA sowie einem Joint Venture
in Indien und Vertretungen in vielen Ländern besitzt zahlreiche Patente und
setzt die Ultraschalltechnologie zum Schweißen, Trennschweißen, Reinigen und
Sieben sowie in chemischen Prozessen und im Packaging ein.
Spezialist in der mechanischen Verfahrenstechnik
Die 2003 gegründete Anutec GmbH profitiert von der
40-jährigen Fachkompetenz und Erfahrung ihres Gründers Arthur Nussbaumer. In der Entwicklung und Herstellung von
Maschinen für das Zerkleinern, Mahlen, Mischen und Sieben von Schüttgütern
überrascht der Schweizer immer wieder Kunden, Anwender und Wettbewerber. In
enger Zusammenarbeit mit Partnerfirmen, Experten und Ingenieurschulen sehen die
Verantwortlichen die Garanten für neueste Technologie und kundenspezifische
Lösungen, die am Markt überzeugen. Die Maschinen sind robust und betriebssicher
für eine langlebige Dauernutzung gebaut und werden vorwiegend in den Bereichen
Lebensmittel, Chemie und Pharma eingesetzt.